Diesel-Auto kaufen: Wann macht es Sinn? Die Vor- und Nachteile in der Übersicht
Deutschland ist Diesel-Land: Bei den Pkw-Neuzulassungen im Jahr 2015 spielte der Dieselmotor mit fast 50% eine wesentliche Rolle. Trotz des Diesel-Skandals bei Volkswagen schwören viele Deutsche auf den Selbstzünder, der bei vielen Marken in großer Zahl verbaut wird.
Besonders bei Audi und BMW sind Dieselmotoren gefragt und in vielen Modellen verbaut. Bei Marken wie Opel und Toyota dagegen sind andere Motorentechnologien angesagt, weshalb Käufer keine große Dieselauswahl vorfinden.
Wann macht es aber für Autofahrer überhaupt Sinn, einen Diesel zu kaufen?
Wir möchten euch in einer Übersicht die Vor- und Nachteile des Dieselmotors erklären, damit Sie selbst zu einer Entscheidung kommen könnt.
Nicht für jeden lohnt sich nämlich ein Selbstzünder, zumal die Zweifel am Diesel durch den VW-Skandal größer geworden sind. Dennoch ist ein moderner Dieselmotor ein ausgereiftes Konzept, das mit jedem Benzinmotor mithalten kann, aber andere Stärken und Schwächen hat.
Der Dieselmotor: Wie funktioniert er eigentlich?
Der Dieselmotor ist nach seinem Erfinder Rudolf Diesel benannt, der das gleichnamige Verfahren 1893 erfand. Dieselmotoren heißen auch Selbstzünder, weil sich der eingespritzte Kraftstoff im Zylinder selbst entzündet.
Es sind also im Gegensatz zum Ottomotor keine Zündkerzen erforderlich. Möglich wird dies durch stark komprimierte Luft, die dabei so heiß wird, dass sich der Kraftstoff entzünden kann.
Diesel unterscheidet sich von Benzin in mehreren Aspekten. Vereinfacht lässt sich sagen, dass bei der Destillation von Erdöl in der Raffinerie sowohl Benzin als auch Diesel herauskommen. Die Kohlenwasserstoff-Moleküle, aus denen die Kraftstoffsorten bestehen, sind aber bei Diesel langkettig im Gegensatz zu den kurzkettigen bei Benzin.
Diesel hat einen höheren Energiegehalt als Benzin, wodurch sich erklären lässt, dass Dieselmotoren sparsamer sind. Dafür müssen diese Motoren aber auch anders gebaut sein, was sie wiederum etwas teurer macht.
Vorteile eines Diesels
Drehmoment
Wer Autozeitschriften liest, kann mit der Bezeichnung „Drehmoment“ oder auch Kraftentfaltung etwas anfangen. Ein Dieselmotor hat schon bei niedrigen Drehzahlen ordentlich Kraft. Gleichgroße Benzinmotoren können zwar höher drehen, erreichen ihr maximales Drehmoment aber auch erst bei hohen Drehzahlen. Die Kraftentfaltung beim Diesel wird durch Turbolader noch gesteigert.
Viele Premium-Marken, darunter auch Porsche, setzen nur noch aufgeladene Dieselmotoren in ihren Fahrzeugen ein, die Benzinmotoren inzwischen in fast nichts mehr nachstehen. Durch die ausgeklügelte und perfektionierte Technik spricht ein Diesel inzwischen so gut an, dass er auch in Sportwagen eingesetzt wird.
Die große und gleichmäßige Kraftentfaltung dürfte Ihnen bekannt sein, wenn Sie schon einmal ein Fahrzeug mit Turbodiesel gefahren haben. Dieselmotoren sind gleichzeitig robuste und langlebige Motoren, die bei guter Pflege mehrere 100.000 Kilometer halten.
Kraftstoffpreis
Diesel ist derzeit noch immer billiger als Benzin. Das liegt daran, dass Diesel anders besteuert wird. Ursprünglich wollte man dem Transportgewerbe und dem Handwerk einen Gefallen tun, indem Dieselkraftstoff deutlich billiger angeboten wurde und die Kosten für Logistik damit überschaubar waren.
Inzwischen ist der Preisunterschied aber nicht mehr so groß, denn er schwankt grob zwischen 15 und 30 Cent pro Liter im Vergleich zu Benzin.
Die Wirtschaftlichkeitsrechnung wird dadurch nicht leichter, denn die Faustregel, dass sich ein Diesel erst ab 15.000 Kilometer Jahresfahrleistung lohne, stimmt nicht mehr. Es kommt immer auf die Größe des Motors, die Schadstoffklasse und den CO2-Ausstoß an.
Sie müssen daher immer rechnen, ob sich der Diesel oder ein vergleichbarer Benziner für Sie lohnt. In die Berechnung müssen auch noch die höheren Kosten für Steuer und Versicherung einfließen.
Verbrauch
Ein wesentliches Argument für einen Diesel ist der geringere Verbrauch. Bei gleicher Leistung wird weniger Kraftstoff verbraucht. Das liegt zum einen daran, dass Diesel eine höhere Energiedichte als Benzin hat, zum anderen an den Vorteilen des Dieselmotors im mittleren und hohen Lastbereich.
Benziner schlucken sehr viel Kraftstoff, wenn sie voll gefordert werden, denn bei hohen Drehzahlen wird ein Teil des Benzins nur dazu verwendet, die Temperaturen im Motorblock niedrig zu halten bzw. zu kühlen. Der Verbrauch steigt dann deutlich in die Höhe, weshalb Vollgasfahrten mit Benzinern die Reichweite deutlich reduzieren.
Beim Diesel dagegen nimmt der Verbrauch auch bei hoher Belastung einigermaßen linear zu. Fahrzeuge mit Dieselmotor kommen mit einer Tankfüllung in der Regel deutlich weiter als vergleichbare Benziner, da ihr Wirkungsgrad höher ist.
Durch weniger Verbrauch entsteht prinzipiell auch weniger CO2, wobei der Diesel spezielle Verfahren für die Abgasreinigung benötigt. Ein Grund der Automobilindustrie in Deutschland, den Diesel weiterzuentwickeln und zu forcieren, ist tatsächlich der CO2-Ausstoß, auch wenn der VW-Skandal inzwischen andere Schwächen ans Licht brachte.
Nachteile eines Diesels
Kosten
Wer sich die Preislisten von Herstellern ansieht, weiß, dass Dieselfahrzeuge immer teurer als vergleichbare Benziner sind. Das liegt unter anderem an der aufwendigen Abgasreinigung mit Partikelfiltern & Co. sowie den Kosten für den Motor, der höheren Belastungen als ein Benziner standhalten muss.
Auch bei der Kfz-Steuer erwarten einen Dieselkäufer höhere Abgaben: Ein Diesel mit 2 Litern Hubraum und Euro 6 Norm kostet bei gleicher CO2-Emission das 2,5-fache wie ein Benziner mit diesem Hubraum an Steuer. Kfz-Versicherungen sind im Durchschnitt etwa 10% teurer, wenn du dir ein Fahrzeug mit Diesel anstelle eines vergleichbaren Benziners aussuchst.
Weiterhin gilt es zu beachten, dass Benziner hinsichtlich der Effizienz deutlich zugelegt haben. Der Verbrauchsunterschied ist nicht mehr so riesig und beträgt mitunter nur einen Liter.
Damit müssen Sie schon sehr viele Kilometer pro Jahr zurücklegen, um den Preisvorteil hereinzufahren. Bei Dieselfahrzeugen kann es auch vorkommen, dass die Wartungsintervalle kürzer sind und öfter ein Ölwechsel durchgeführt werden muss.
Schadstoffe
Seit 2015 ist bekannt: Einen „Clean Diesel“ gibt es nur in der Welt des Marketings. Diesel stoßen genau wie andere Verbrennungsmotoren Schadstoffe aus, die so gut als möglich neutralisiert werden müssen. Beim Dieselmotor ist es aber äußerst aufwendig, den Schadstoffausstoß gering zu halten. Besonders die Stickoxide stellen ein Problem dar und müssen durch Einspritzung von Harnstoff gering gehalten werden, um die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen einzuhalten.
Diesel benötigen auch einen Partikelfilter, der den bei der Verbrennung entstehenden Ruß und Feinstaub zurückhält. Eine saubere Sache ist das nicht, weswegen sich immer mehr Menschen gegen den Diesel wenden.
Experten-Wissen: Der Dieselmotor spielt nur in Europa und Indien eine große Rolle für den Pkw-Markt. In allen anderen Ländern wird mit Benzin gefahren, Diesel sind dort fast nicht verbreitet.
Dieselbetrieb im Winter
Wenn die kalte Jahreszeit Einzug hält, sieht man an Tankstellen oft Schilder an der Zapfsäule, die auf „Winterdiesel“ hinweisen. In der Tat sind Dieselmotoren bei starker Kälte nicht so leicht zu betreiben wie Benziner.
Dieselkraftstoff friert schneller ein und muss mit Additiven flüssig gehalten werden. Ansonsten kann er den Kraftstofffilter verstopfen und das Auto bewegt sich keinen Meter mehr.
Ein weiterer Nachteil ist die Wärmeentwicklung: Während ein Benziner nach 10 Minuten meist auf Betriebstemperatur ist, dauert es beim Diesel wesentlich länger, bis diese erreicht ist. In dieser Zeit stößt der Motor mehr Schadstoffe aus, denn die Abgasreinigung wirkt am effektivsten bei betriebswarmem Motor. Auch der Verbrauch ist höher, weshalb ein Diesel nicht auf Kurzstrecken eingesetzt werden sollte.
Beispielrechnungen
Nun möchten wir Ihnen einige Beispielrechnungen mit verschiedenen Marken und Modellen aufzeigen. Sie sehen hier, ab wann sich ein Diesel rechnet und in welchen Fällen der Benziner günstiger kommt.
Audi A3: 1.2 TFSI Attraction gegen 1.6 TDI Attraction (je 81 kW)
Bei einer Jahresfahrleistung bis 20.000 Kilometer rechnet sich der Benziner, ab dann ist der Diesel günstiger.
Audi A5 Sportback: 2.0 TFSI gegen 2.0 TDI (169 und 140 kW)
Der Diesel ist immer günstiger.
BMW: 218i Gran Tourer gegen 218d Gran Tourer (100 und 110 kW)
Der Benziner ist günstiger, erst ab einer Jahresfahrleistung von 30.000 km rechnet sich die Diesel-Variante.
BMW: X1 xDrive20i Steptronic gegen X1 xDrive20d Steptronic (141 und 140 kW)
Der Diesel ist unabhängig von der Jahresfahrleistung die günstigere Wahl.
Fiat 500/500C mit 0.9 Benziner und 1.3 Dieselmotor
In allen Varianten sind die Fahrzeuge mit Benzinmotor günstiger.
Mazda 6 Skyactiv-G 145 Prime-Line gegen Skyactiv-D 150 i-ELOOP Prime-Line (107 und 110 kW)
Der Benziner ist anfangs günstiger, der Diesel spart erst ab 20.000 Kilometern pro Jahr.
Mercedes-Benz CLA 180 gegen CLA 180 d (90 und 80 kW)
Sieg nach Punkten für den Diesel: Er ist bei allen Jahresfahrleistungen günstiger als der Benziner.
Mini One gegen One D (75 und 70 kW)
Der Benziner gewinnt zunächst, denn erst ab 20.000 Kilometern pro Jahr lohnt sich die Anschaffung des Mini One D.
Opel Astra 1.4 Selection gegen 1.6 CDTI Selection (74 und 70 kW)
Bis 10.000 Kilometer pro Jahr halten sich beide Modelle die Waage, danach ist der Diesel die günstigere Variante.
Porsche Cayenne GTS Tiptronic S gegen Diesel S Tiptronic S (324 und 283 kW)
Die Jahresfahrleistung spielt hier keine Rolle, denn der Diesel ist immer günstiger als der Benziner. In diesem Fall liegt es auch daran, dass die Diesel-Variante rund 14.000 Euro günstiger als der Benziner ist.
VW Golf 1.2 TSI BMT Trendline gegen 1.6 TDI BMT Trendline (je 81 kW)
Der Diesel hat immer einen hauchdünnen Kostenvorsprung, der mit steigender Jahresfahrleistung größer wird.
FAZIT
Die Entscheidung für oder gegen einen Diesel ist nicht leicht. Zum einen ist es Geschmackssache, ob man lieber einen kernigen und kräftigen Diesel fahren möchte, zum anderen ist es der reine Kostenvergleich, der eine Rolle spielt.
Wenn Sie mit der Anschaffung eines Diesels liebäugeln, nehmen Sie unbedingt die erhöhten Kosten für Kfz-Steuer, Versicherung, Wartung und evtl. den höheren Neupreis in Ihre Rechnung mit auf.
Es kann nämlich sonst eine Augenwischerei sein, wenn Sie zwar günstig tanken, das gesparte Geld aber in die anderen Kosten stecken und vielleicht sogar drauflegen müssen.