Elektroautos: Schon alltagstauglich oder noch eine Nischenlösung?

Jemand schließt das Elektroauto an die Ladestation an.

Das Thema wird beständig besprochen und in den Mittelpunkt gerückt: Elektroautos sind die Fahrzeuge der Zukunft, immerhin werden wohl auch die »Flugtaxis« mal elektrisch fahren. Ein E-Auto fährt nahezu emissionslos, es ist leise, sieht schick aus und kommt mittlerweile gar in den Formen des SUV oder denen eines echten Sportwagens daher. Doch was hat es damit wirklich auf sich? Sind E-Autos jetzt schon bereit, dem typischen Alltag in Deutschland zu trotzen oder sind sie noch eine Nischenlösung? Und wenn, was ist der Grund für die Alltagstauglichkeit oder das Nischendasein?

Elektroautos sind immer noch recht teuer

Die Anschaffung eines E-Autos ist im Durchschnitt um die 10.000 Euro teurer als die Anschaffung eines herkömmlichen Autos. Es gibt natürlich Ausschläge nach unten und oben, doch handelt es sich bei den sehr günstigen Modellen um die »Kurzstreckensprinter«, also um Fahrzeuge mit einer sehr geringen Reichweite. Die Preismodalitäten haben diverse Folgen:

  1. Finanzierung - Rein vom preislichen Faktor stellt das E-Auto bislang noch ein Oberklassefahrzeug dar, das sich überwiegend Gutverdienende leisten können. Somit wird eine große Käuferschicht ausgesperrt, die nämlich, die sich bislang typische Klein- oder Mittelklassewagen aus koreanischen oder japanischen Produktionshallen als Neuwagen leisten konnte. Das Problem ist auch, dass zwar der Unterhalt weniger kostet, die Kauffinanzierung diesen Faktor jedoch nicht einrechnen kann. Wer finanziell so aufgestellt ist, dass er die Finanzierung für einen günstigen Wagen erhält, der wird nicht die Finanzierung für ein vergleichsweises E-Auto erhalten, da dieses wieder deutlich teurer ist.
  2. Leasingraten - Auch Leasingfahrzeuge kosten aufgrund der höheren Anschaffungskosten für den Leasinggeber mehr.
  3. Gebrauchtwagenmarkt - In Bezug auf die E-Autos hat sich durch die relative Marktfrische noch kein Markt entwickelt. Hier spielen auch die Batterien mit hinein, denn diese müssen wahlweise geliehen oder aber selbst gekauft werden. Beide Varianten kosten, gerade deshalb, da die Haltbarkeit der Batterien ähnlich der Smartphoneakkus beschränkt ist.

Auf der anderen Seite werden E-Autos staatlich bezuschusst, wo bereits überlegt wird, den Zuschuss deutlich zu erhöhen. Dennoch bleibt das Grundproblem bestehen: Das Fahrzeug ist schon ohne Sonderausstattungen preislich teurer.

Das ewige Problem: Die Reichweite

In der Spitzenklasse und im Lkw-Bereich werden E-Fahrzeuge vorgestellt, die eine Reichweite von über 700 Kilometern haben. Bei dieser Spitzenklasse handelt es sich jedoch um eine Preisklasse, die sich der durchschnittliche Verbraucher nicht leisten kann oder will. In allen anderen Fällen ist die Reichweite von E-Autos je nach Nutzungsart und Kaufpreis deutlich beschränkt:

  • Kurze Reichweiten – sie betragen ungefähr 150 Kilometer, abhängig von der Nutzung. Diese Fahrzeuge sind günstig und perfekt für diejenigen, die einen Zweitwagen als »motorisierten Einkaufswagen« suchen und wirklich nur im direkten Umkreis kleinere Strecken fahren. Beispiele für die Fahrzeuge: Microlino 8 kWh, Nissan Leaf, Screet Scooter, Smart EQ.
  • Mittelstrecke – Sie beginnt bei 150 Kilometern und endet ungefähr bei 300 Kilometern. Autofahrer haben in diesem Segment eine recht gute Auswahl, auch preislich halten sich die Fahrzeuge in Grenzen. Bespiele: Nissan Leaf (2018), Sono Motors Sion, Kia e-Niro 100 kW, Ford Focus Electric.
  • Langstrecke - hier gilt: Jeder mögliche Kilometer mehr kostet Geld. Die Spitzenklasse schafft bis zu 850 Kilometer mit einer Ladung, allerdings ist dieses Fahrzeug wohl für die meisten Autohalter außerhalb der eigenen Reichweite: Ungefähr 420.000 Euro dürfte das limitierte Gefährt namens RG Nathalie am Jahresende kosten. Es geht aber auch günstiger. Der Renault Zoe beginnt preislich ab 21.900 Euro und schafft immerhin bis zu 350 Kilometer.

Grundsätzlich können Interessenten natürlich überlegen, ob sie einen sogenannten Hybrid-Antrieb nutzen. Auch dieser besitzt die elektrische Motorvariante, gleichfalls kann jedoch auf einen Verbrennungsmotor oder Gasantrieb zurückgegriffen werden.

Die Infrastruktur: Nach wie vor nicht ausreichend

Ladesatation für Elektroauto an befahrener Straße.

An und für sich wäre die geringere Reichweite der E-Autos kein Problem, doch wird dieses durch die noch mangelhafte Infrastruktur herausgearbeitet. Ein wenig ist die Ladestruktur damit vergleichbar, dass ein Autofahrer jahrelang nur die Autobahnen des dicht besiedelten NRW kennt – und nun im Urlaub durch Mecklenburg-Vorpommern oder Bayern fährt. Die bloße Tankstellendichte ist dort wesentlich geringer, sodass nicht wenige Autofahrer im Stau mit bangem Blick auf die Tanknadel hoffen, dass die nächste Tankstelle in 60+-Kilometern noch irgendwie erreicht werden kann. In Bezug auf die E-Autos, gibt es jedoch markante regionale Unterschiede:

  • Städte – gerade die oft als »hip« oder »trendig« bezeichneten Städte sind relativ gut ausgestattet, was sich allerdings nur auf die aktuellen E-Autos bezieht. In anderen Städten kann es hingegen schon geschehen, dass die Ladesäulen äußert rar gesät oder kaum vorhanden sind.
  • Land – auch hier gibt es massive Unterschiede. Manchmal werden Säulen auf öffentlichen Parkplätzen installiert, manchmal verbinden Städte ganz offensiv das Parken mit Lademöglichkeiten. In anderen Fällen verschreiben sich Discounter oder Supermärkte auf ihren eigenen Parkplätzen den E-Autos und bieten gezielt Ladesäulen an.

Allgemein sind die Städte und Regionen noch längst nicht mit ausreichenden Lademöglichkeiten ausgestattet. Hier geht es auch speziell um die Schnellladesäulen, die das E-Auto innerhalb weniger Minuten wieder mit Strom versorgen. Gleichzeitig gibt es weitere Probleme:

  • Anschlüsse – das Laden erinnert ein wenig an die verschiedenen Ladekabel von elektrischen Geräten. Denn auch nicht jedes Kabel kann mit jedem Auto oder jeder Ladesäule genutzt werden. Es gibt jedoch Adapter, nur müssen die vom Fahrer angeschafft oder vom Ladesäulenbesitzer zur Verfügung gestellt werden. Eine allgemeine, universell passende Ladelösung wäre natürlich sinnvoll.
  • Kosten/Tarife – wer daheim lädt, der kann einen festen Tarif mit seinem Stromversorger abschließen. Unterwegs müssen jedoch die Ladesäulen und Anbieter der Installateure genutzt werden. Ob Fahrer nun beständig Säulen einer »Kette« aufsuchen, weil sie dort ein Kundenkonto haben oder ob die Abrechnung je nach Örtlichkeit unterschiedlich erfolgt, sollte künftig auch klar geklärt sein. Das gilt insbesondere in Verbindung mit den Anschlussmöglichkeiten.

Ferner sollte beachtet werden, dass das Stromnetz auch die entsprechenden Kapazitäten bereitstellen muss. So wird zwar mittlerweile sehr viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, jedoch ist das Hochspannungsnetz für den Transport der Mengen noch nicht ausgelegt. Hochspannungsnetze transportieren die Energie über weite Strecken und können somit Windstrom aus dem Norden in andere Teile Deutschlands weiterreichen. Hier hakt der Ausbau jedoch noch, da es immer wieder Bürgerproteste gegen Stromtrassen gibt und die Genehmigungsverfahren zum Teil lange dauern.

Die Umwelt: Was ist mit den Ressourcen?

Wenngleich die E-Fahrzeuge politisch als die Zukunftslösungen betrachtet werden, gibt es durchaus kritische Stimmen, die nicht missachtet werden sollten. Fakt ist, dass ein E-Auto im Verkehr kaum noch Emissionen verursacht. Die, die bleiben, beziehen sich überwiegend auf den Abrieb der Reifen und die Emissionen, die bei der Stromerzeugung anfallen – welche wiederum mit dem richtigen Tarif minimiert werden können. Trotzdem:

  • Herstellung – in der Herstellung hat das E-Fahrzeug einen größeren CO2-Abdruck als andere Fahrzeuge. Zumal entfallen Arbeitsplätze, deren Wegfall natürlich nicht der Umwelt schadet, dafür mitunter dem ökonomischen System.
  • Ressourcen – die Batterien der E-Autos beinhalten teils seltene Stoffe und Mineralien, die abgebaut werden müssen und somit Emissionen verursachen.
  • Batterien – an dieser Stelle gibt es ein großes Problem. Es gibt noch keine vernünftige, umweltschonende und günstige Recycling- oder Entsorgungsmöglichkeit von E-Auto-Batterien. Eine Studie des Fraunhofer Instituts gab beispielsweise bekannt, dass allein in den USA bis zum Jahr 2020 rund 500 Millionen Lithium-Ionen-Batterien entsorgt werden können, wobei hier auch Handyakkus miteingerechnet wurden. Die Steigerungsquote bis 2030 könnte eine Anzahl an Batterien von 4,5 Milliarden offenbaren.

Problematisch ist, dass die Batterien äußerst komplex, groß und schwer sind, sodass die Zerlegung in einzelne Bestandteile zeitaufwendig und teuer ist.

Anschaffung und Mietrecht: Möglichkeit oder Widerspruch?

Zu jedem E-Auto gibt es die Möglichkeit, eine heimische Wall-Station zu erwerben. Diese funktioniert mit Starkstrom und kann theoretisch in jedem Haus – bei Eigentümergesellschaften mit Zustimmung – installiert werden. Und was ist mit den Mietern in Deutschland, die nun mal eine wesentlich höhere Quote ausmachen, als Eigenheimbesitzer? Es gibt Probleme:

  • Erlaubnis – der Vermieter muss gefragt werden und explizit die Installation genehmigen. Gibt es eine Eigentümergesellschaft in dem Haus, muss auch diese zustimmen. Bei Anschlüssen in der Garage oder auf dem Parkplatz muss zudem der Starkstromanschluss sichergestellt werden.
  • Steckdose – jedes E-Auto kann langsam über eine übliche Steckdose geladen werden. Das Problem ist, dass gerade in Häusern, die vor 2010 gebaut wurden, keine Steckdose oder Stromleitung auf eine Dauerbelastung von 10 Stunden ausgelegt ist. Wer schon einmal den Stecker nach der Nutzung eines Elektrogrills anfasste, wird gemerkt haben, dass dieser warm ist. Beim Laden des E-Autos über die Küchensteckdose kann es durchaus zu Kabelbränden kommen.

Ob Wall-Station oder nicht, es sollte immer ein Fachmann herangezogen werden, der auch die Leitungen überprüft. Dies ist in Mietshäusern kaum zu bewerkstelligen, sodass Mieter wiederum einen deutlichen Nachteil bei der Anschaffung des E-Autos haben.

Fazit - die Komplikationen deuten auf Nischendasein hin

Aktuell ist das E-Auto aufgrund der infrastrukturellen Probleme und dem maßgeblichen Ausschluss typischer Mieter sicherlich noch ein Nischenprodukt. Damit sich das ändert, müssen die Städte und Gemeinden deutlich nachlegen und öffentliche Ladenetze sicherstellen. Gleichfalls muss überlegt werden, ob zumindest Vermieter finanziell bedacht werden, wenn sie eine Ladestation für ihr Haus oder die Wohnung bereitstellen. Aber auch die Entsorgung und das Recycling der Batterien sowie der enorme Aufwand bei der Produktion der Fahrzeuge sollte bei allen Fakten über geringere Emissionen niemals vernachlässigt werden.

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